Trickbetrug am Telefon – die Masche mit dem Gewinn und dem Abo

Hallo liebe Leser,

heute habe ich mal ein ganz besonderes Thema: telefonische Betrugsversuche. Ihr kennt das sicher, man hört von Verwandten oder Freunden, wie die darauf hereingefallen sind. Und man fragt sich: wie kann man denn so leichtgläubig sein? Tja, heute bin ich auf so eine Masche hereingefallen. Und mein Bauchgefühl hat mich mehrfach gewarnt.

Was ist passiert?

Ich liege krank im Bett, versuche zu schlafen, da klingelt das Telefon (Handy). Eine freundliche Dame (sie stellte sich als Janine Roth vor, „die einzige Schweizerin im Unternehmen“) von einer Firma, deren Namen ich mir leider nicht gemerkt habe. Irgendein Verein Verlagswesen Deutschland (oder so ähnlich) hat ein Gewinnspiel organisiert, an dem ich vor 3 oder 4 Monaten auf der Seite 5er-2.coupon-arena.de/ teilgenommen habe und nun bin ich unter den letzten 20 Teilnehmern. Erinnern konnte ich mich nicht, aber hin und wieder habe ich hier und dort mal was ausgefüllt, das gebe ich zu. Die ersten 10 Gewinner werden jedenfalls in der nächsten Ziehung am kommenden Dienstag ermittelt und erhalten tolle Preise (5er-BMW u.a.). Sie fragte, ob ich die Preise oder den Gegenwert bekommen möchte, worauf ich natürlich das Geld wählte. Zu meiner Entschuldigung will ich nochmal erwähnen, dass ich zu dem Zeitpunkt krank im Bett lag und … aber egal!

Betrug am Telefon - statt eines versprochenen Gewinns gibt es ein Abo einer Zeitschrift.

Der Sponsor

Dann wurde es kompliziert und skurril. Ich sollte mir aus einem Pool eine Zeitschrift heraussuchen, die als Sponsor fungieren soll, denn, wenn ich Gewinne und das Geld bekomme, müsste ich das natürlich versteuern. Diese ausgewählte Zeitschrift würde dann, nach einem Jahr, die Steuern für mich zahlen. Ich wählte also eine aus. Automatisch würde ich dann auch ein Abo bekommen, allerdings nur, wenn ich unter den ersten 10 bin – also bis zu 50.000€ gewonnen habe. So kompliziert ist es gar nicht, nur skurril…

Und die persönlichen Daten…

Jetzt kam, was kommen musste: sie wollte die hinterlegten Daten abgleichen. Der Name stimmte noch, dann hatten sie plötzlich die Adresse meiner Oma. Die hätten sie auch angerufen (ihre Nummer hatten sie anscheinend auch), sie wiederum gab dann meine Telefonnummer weiter. Auch das Geburtsdatum war falsch, aber das habe ich einfach meiner Vorsicht beim Ausfüllen des Gewinnspiels zugeschoben, die Eckdaten stimmten jedenfalls fast.

Und nun das Finale

Sie müsse natürlich auch meine Kontodaten abgleichen. Und da schrillten bei mir alle Alarmglocken – mit dem krankheitsbedingten Klingeln im Ohr ein fast schönes Duett. Jetzt fing ich an, nachzufragen. Welche Webseite? Wie ist ihr Name? Wann war das Gewinnspiel? Wozu meine Kontodaten? Eine innere Stimme sagte mir, ich solle sie bitten, später nochmal anzurufen. Sogar das Klingeln an der Wohnungstür wollte ich als Notlüge nennen. Aber ich tat es nicht. Statt dessen quatschte diese Frau auf mich ein, dass sie das versteht, aber nur mit den Kontodaten können sie doch rein gar nichts machen. Es fehlt die PIN, die TANS und so weiter und so fort. Ich fragte nach, wieso denn nicht nach der Ziehung – sofern ich denn tatsächlich gewonnen hätte – die Kontodaten überprüft würden? Sie war gut und redete sich damit heraus, dass man als Gewinnspielanbieter verpflichtet wäre, innerhalb von 24 Stunden den gewonnen Betrag zu überweisen. Das leuchtete mir ein – zu dem Zeitpunkt jedenfalls.

Ich bat sie, mir doch einfach vorzulesen, was sie für eine Kontonummer hätte und ich würde dann sagen, ob diese stimmt. Aber sie erwiderte, und auch das war sehr geschickt, dass sie aus Datenschutzgründen nur ein Eingabefeld hätte und nach Eingabe ein Kontrollfeld rot (stimmt nicht) oder grün (stimmt) aufleuchte. An der Stelle hätte ich sofort darüber nachdenken müssen, dass sie vielleicht die falsche Nummer gespeichert haben und man die doch ändern können müsse, aber nein. Krank und so… *hust*…

Doch auch damit hatte sie mich nicht überzeugt. Also meinte ich, und dafür könnte ich mich ohrfeigen (!): „Wenn ich Ihnen jetzt also die falsche Nummer sage, dann leuchtet es rot auf, ja?“. Ich höre regelrecht, wie ihr eure Köpfe auf die Tischkante haut. Aber ich hatte es gesagt, und das war mir Sekunden später auch bewusst, also nannte ich ihr eine falsche Nummer. Überraschung: sie stimmte nicht. „Also gut“, sagte ich, „dann gebe ich Ihnen die korrekte Nummer.“ Sie lachte, tippte ein und …

„Also da leuchtet es bei mir wieder rot auf, Sie haben mir erneut eine falsche Nummer genannt *lach*“, sprach sie und klang dabei wirklich sympathisch und überzeugend. Beim 3. Mal gab ich ihr dann tatsächlich die korrekte Nummer. (Hey, war das wieder die Tischkante?).

Rettungsversuche

Tja, ich versuchte mich (zu spät) abzusichern, schielte nebenbei auf die Webseite und fragte, ob sie nicht auch meine Mailadresse hätte, die ich beim Gewinnspiel angegeben haben müsste? Nein, Datenschutz. Ich suchte nach eine Bestätigungsmail, die ich wahrscheinlich hätte bekommen sollen. Nichts. Nebenbei immer die lachende Frau am Apparat, der ich nur noch nebenbei zuhörte. Sie erwähnte auch mehrfach, dass ich definitiv etwas zugeschickt bekomme, unbedingt aufheben soll ich das. Am Ende sagte sie, dass aus Qualitätssicherungszwecken innerhalb von 15 Minuten eine weitere Person der selben Firma anrufen wird, es geht darum, ob sie ihren Job richtig macht.

Der Kontrollanruf

Das Gespräch war dann beendet (wir telefonierten fast 24 Minuten, was zeigt, dass ich tatsächlich skeptisch war) und keine 2 Minuten später ruft die selbe Nummer an und ein Herr Kai Sonntag meldet sich (Kontrollabteilung oder so). Das Gespräch habe ich leider nicht ganz so gut in Erinnerung, aber er fragte, ob ich das Gespräch mit der Frau Roth soweit verstanden habe. Ich sagte etwas ähnlich qualifiziertes wie „Joa, ich denke schon.“, worauf der das Gespräch wieder auf das Zeitschriften-Abo lenkte. Und ja, auch das hatte ich verstanden, aber ich fragte nochmal nach: das Abo ist gratis? Der Inhalt seiner Antwort war, dass ich ein kostenpflichtiges Abo für 1 Jahr bekommen würde (inkl. zweier Gratisausgaben), sofern ich unter den ersten 10 lande, andernfalls nicht. „Aber wenn man 10.000€ oder mehr gewinnt, dann kann man das sicher verschmerzen, oder?“ Er lacht. Aber nicht halbwegs so sympathisch wie Frau Roth… *hust* … *schnief*

Er gleicht ein weiteres Mal meine Daten mit mir ab, die er überraschenderweise einsehen kann (wird mir auch erst beim Schreiben des Textes klar) und bittet mich, die letzten 3 Ziffern der Kontonummer zu nennen – den Anfang hatte er schon genannt. Auch er drückt mir die Daumen und wünscht mir einen schönen Tag.

Späte Einsicht

Da saß ich nun ich armer Tor und fühl’t mich dumm wie nie zuvor. Hatte ich denen tatsächlich meine Kontodaten gegeben? Ich schaltete den Computer wieder an und stellte Nachforschungen an. Die Nummer (ach ja: +4921174957486) und die Webseite hatte ich ja. Schnell wurde ich fündig. „Haben andauernd angerufen…“, „Beschimpft…“, „Gewinnspiel … definitiv nicht teilgenommen…“ und „Nur Anrufbeantworter unter der Nummer…“ waren so die Standardkommentare.

Ich hatte genug gelesen und rief bei meiner Bank an. Die mitfühlende und sehr sympathische Dame (das muss an den Medikamenten liegen, echt!) sagte mir, dass ich wohl tatsächlich auf Trickbetrüger hereingefallen sei. Ich soll an die Firma einen Widerruf zur Einzugsermächtigung schicken (genauer Wortlaut: „Ich widerspreche jeglichen Einzugsermächtigungen“) und mein Konto genau im Auge behalten, denn oftmals werden nur kleine Beträge abgebucht, die in der Summe doch wieder einen Porsche ergeben. Bis zu 8 Wochen nach Einzug kann eine Abbuchung rückgängig gemacht werden. Auch wenn ich dadurch im Minus bin, entstehen mir keine Kosten, so die sympathische Damen von der Bank.

Nach dem Telefonat habe ich über das Geschehene nachgedacht und auch noch ein wenig recherchiert. Ich gehe mittlerweile davon aus, dass mir durch ein gut inszeniertes Theaterstück ein Zeitschriften-Abo verkauft wurde. „Mehr nicht“, hoffe ich (und dem werde ich natürlich widersprechen) denn irgendwo habe ich heute gelesen, dass wohl nur das 2. Telefonat aufgezeichnet wird, das erste logischerweise nicht. Gerade beim zweiten Gespräch wird dann keine Wort über das Gewinnspiel verloren, sondern nur über das Abo, was meine These unterstützt bzw. dadurch kam ich erst drauf.

Aber vieles von dem, was ich jetzt aufgeschrieben habe, ist einem in dem Augenblick nicht klar. Zu überfallartig kommt der Anruf, zu viele Informationen und auch clevere Antworten auf Gegenfragen wurden präsentiert. Und die Dame war tatsächlich überaus sympathisch und nett, was natürlich zu dem Schauspiel dazugehört. Sie sprach von ihren Kindern und dass sie auch vorsichtig wäre, fragte erschrocken, ob sie mich geweckt hätte, als ich erzählte, dass ich krank im Bett liege und und und…

Zur Polizei werde ich dann wahrscheinlich gehen, wenn ich wieder fit bin, mal sehen, was die so dazu sagen.

Peinlich hoch zehn?

Und der erste Gedanke, der nach der Einsicht kam: das erzähle ich liebe niemandem, das ist doch echt peinlich. Peinlich ist es mir definitiv, da ich oftmals dachte, mir könnte das nicht passieren, dazu bin ich zu clever. Ja, klingt überheblich, trifft es aber wohl ganz gut. Aber ich werde nicht schweigen, nein, ich werde genau das Gegenteil tun, denn die Methoden dieser Leute werden immer raffinierter und jeder sollte davon gehört haben. Je mehr über diese Methoden bekannt ist, umso besser kann man sich schützen. Und sind wir mal ehrlich: ich habe nie erlebt, dass jemand ausgelacht wurde, weil ihm oder ihr etwas ähnliches passiert ist.

Erzählt die Story weiter, verlinkt auf mich und – wenn es euch hilft – zeigt mit dem Finger auf mich und lacht einmal kräftig. Mir ist es egal.

Merkt euch einfach: niemals Kontodaten an Fremde weitergeben!

Weiterführende Informationen

Ein paar Informationen für Betroffene. Zum Beispiel wird oft die Firma „Success+ GmbH“ am Telefon genannt, welche sich jedoch von derartigen Vorgehen distanziert. Sie rät auf jeden Fall zur Anzeige und möglichst viele Informationen vom Anrufer sammeln. (Quelle: Stellungnahme)

Der Verbraucherschutz rät zum sofortigen Kündigung Widerruf eines solch entstandenen Abos. Man hat dazu ein 4-wöchiges Widerrufsrecht. (Quelle: Abo statt Gewinn)

Auf der Seite antispam-ev.de gibt es in einem Wiki ausführliche Informationen zu telefonisch abgeschlossenen Verträgen.

Nachtrag:

Inzwischen gibt es einen neuen Stand. Lest hier, wie es weiterging…

Das Beitragsbild auf der Übersichtsseite stammt von pixaby: Bildquelle


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